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Angriff auf die Regierung: Russischer Webseiten-Chefin droht Gefängnis

Die 39-jährige Aksana Panova kämpft einen Kampf gegen Windmühlen. Die Chefin einer russischen Start-up-Nachrichten-Website soll die hiesigen Behörden beleidigt haben. Was folgte, waren entsprechende Strafanzeigen. Jetzt muss die Mutter eines neunjährigen Sohnes gar mit Gefängnis rechnen. Ihr Prozess soll voraussichtlich noch in diesem Monat beginnen.

Einst war die Journalistin Aksana Panova in ihrer Schreibe spritzig und freimütig. Auf ihrer Internetseite ura.ru nutzte sie den Spielraum zwischen den konkurrierenden Lagern, dem Bürgermeister und dem Gouverneur von Jekaterinburg. Doch jetzt ist alles anders. Ein 2012 durch Wladimir Putin ernannter, neuer Gouverneur machte den Bürgermeister schnell mit einer Reihe von strafrechtlichen Ermittlungen gefügig.  Am Ende verlor auch die junge Frau ihre Webseite und sieht sich nun mit vier Strafanzeigen konfrontiert. Diese könnten sie für ganze 15 Jahre ins Gefängnis bringen. Aufgeben will Panova allerdings nicht.

Panova bricht mit dem Gouverneur: Ein Todesurteil, nicht nur für ihre Zeitung

Bereits 2011 begann das ganze Drama für Panova: Zwei Geschäftsleute, Artyom Bykov und Alexei Bobrov, hätten ihr gesagt, dass sie beauftragt worden wären, sie aufzukaufen. Doch sie weigerte sich.  Stromausfälle und Computer-Hacks folgten. Sogar ein Kreml-Mitarbeiter soll sie angerufen und sie aufgefordert haben, ihre Entscheidung zu überdenken. Sie sprach darüber mit ihren Mitarbeitern, und die stimmten zu, 51 Prozent des Unternehmens zu verkaufen. Anfangs ließ man sie auch in Ruhe. Die beiden Geschäftsleute verschwanden nach Österreich. Doch mit der Amtsübernahme von Kuyvashev im Mai 2012 spitzte sich die Situation zu. Trotz des Drucks, den die neuen Seiteninhaber ausübten, brach sie mit dem Gouverneur. Im darauffolgenden Herbst wurde der Unternehmensbuchhalter für vier Tage in Haft gesteckt. Alle, bis auf einen ura.ru Mitarbeiter gingen. Unter der Ägide von Panova wurde znak.com aus dem Boden gestampft. Doch es sollte noch schlimmer für sie kommen. Im vergangenen Dezember kam ihre Tochter tot zur Welt. Panova sagte, die Ermittler gingen in die Leichenhalle, um den kleinen Körper zu fotografieren, um so ihren Chefs zu beweisen, dass sie tot war.

Strafverfolgung plump, die Beweise zweifelhaft

„Was mit Aksana geschieht, ist ein Verbrechen“, zitiert die Washington Post den Polit-Analysten Konstantin Kiselyev. Die Anklage, so heißt es weiter, laute unter anderem auf Diebstahl und Erpressung. Und sie würde zeigen, welche Veränderungen sich in Russland im vergangenen Jahr eingeschlichen hätten. Die Strafverfolgung sei plump, die Beweise zweifelhaft – doch genau sie seien zu den primären Mitteln des politischen Managements avanciert.  So stünde etwa in Kirov der Whistleblower Alexei Nawalny vor Gericht, beschuldigt der Korruption. In Moskau traf es im vergangenen Jahr eine ganze Reihe von Demonstranten, die mit der Polizei aneinandergeraten waren. Der führende liberale Ökonom, Sergei Guriev, sei vergangenen Monat sogar nach Paris geflohen, nachdem er ins Visier der Kriminalpolizei geriet. Offenbar auf Grund seiner öffentlich geäußerten Skepsis über die Schuld des inhaftierten Ölmagnaten Michail Chodorkowski.

Das Kippen der Atmosphäre begann mit Putins Rückkehr ins Präsidentenamt und hat sich nun ihren Weg bis zur Nachrichten-Website in Jekaterinburg, Russlands viertgrößte Stadt, gebahnt. Zwar gebe es, so das Blatt weiter, in Moskau noch ein paar bescheidene Beispiele für unabhängigen Journalismus.  Doch wie der Fall Panova zeige, gebe es wenig Hoffnung auf Schutz für Journalisten in den Provinzen, die sich widersetzen.

Panova glaubt fest an ihre Verurteilung

Dabei erfährt gerade Panova breite Unterstützung. Oppositionspolitiker und Kulturschaffende aus Moskau und St. Petersburg würden sich für sie einsetzen. Darunter sogar der ehemalige stellvertretende Premierminister Boris Nemzow und Popstar Alla Pugacheva. Durch Blog-Einträge und Besuche in Moskau,porträtieren Panovas Unterstützer ihren Fall nicht als Provinz-Geschichte, sondern als nationale Story. „Ich denke, es ist ziemlich offensichtlich, dass die Behörden politischen Druck ausüben, und hier sehen wir den politischen Druck auf Journalisten“, so auch Alexei Venediktov, Chef der Radiostation Ekho Moskvy. ura.ru und seine 30 Mann starke Belegschaft sei eine der zuverlässigsten Nachrichtenseiten der Ural-Region gewesen. Durch das, was jetzt passiere, werde nicht nur die Journalistin, sondern auch ihre Leser angegriffen.

„Ihr Prozess beginnt bald. Sie ist sich sicher, dass sie für schuldig befunden wird; Freisprüche sind verschwindend selten in russischen Gerichtssälen“, so die Washington Post.

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